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Ratgeber für Eltern


Trotz normaler Intelligenz können sich bei kleinwüchsigen Kindern Entwicklungsverzögerungen und Entwicklungsrückstände einstellen. Teils ergeben sie sich aus der Ängstlichkeit und Überbesorgtheit der Eltern, die wohlmeinend glauben, ihren Kindern alle praktischen Betätigungen und Hantierungen abnehmen zu müssen. Teils können sich die Kinder aber auch aufgrund ihrer geringen Körpergröße, geringen Reichweite der Arme, Kleinheit der Hände und geringen Körperkraft mit manchen Umweltgegebenheiten erst verspätet oder nur vermindert auseinandersetzen. Diese Hintergründe führen beim Kind zu Unselbständigkeit und einem Mangel an Selbstvertrauen.

Es kommt zu der Überzeugung:
Ich kann das nicht, ich lasse mich lieber bedienen, eine Haltung, die sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzen kann. Dabei kann Hilfestellung in der Familie zur Einübung von altersgemäßen, alltäglichen Handgriffen und entsprechender Bein- und Fußmotorik durchaus gegeben werden, ohne daß eine einschneidende Umgestaltung der häuslichen Einrichtung erforderlich wäre. Oft genügt eine kleine Überlegung, die aber darüber entscheidet, ob ein Kind sich die Umwelt selbst erobert oder mutlos abseits steht.

Hier einige Empfehlungen für den Alltag mit einem kleinwüchsigen Kind:

  • Bedürfnisse aller Familienmitglieder berücksichtigen und in Einklang bringen;
  • eigene Ängste der Eltern sind eigene Ängste – nicht die des Kindes;
  • Eigeninitiativen des Kindes fördern, selbst ausprobieren lassen, nicht vorschnell helfen;
  • Signale des Kindes mit der Bitte um Unterstützung, auch wenn sie unausgesprochen bleiben, feinfühlig wahrnehmen;
  • Selbständigkeit anstreben bei der alltäglichen “Toilette” des Kindes, d.h.: alleine waschen, Zähne putzen, zur Toilette gehen, Kleidung und Schuhe wechseln, Mantel aufhängen; bei den Mahlzeiten; bei der Auswahl und Handhabung seines Spielzeugs;
  • Unterstützung von außen annehmen: gezielte Krankengymnastik;

Praktische Hilfestellungen

• verstellbarer Stuhl mit Armlehnen, Fuß- und Rückenstütze;
• rutschfester Hocker – als Treppe umklappbar;
• Öffnen der Tür: Klinke mit Kordel versehen bzw. Verlängerungsgriffe anbringen;
• Türklingel: Stock mit Gummispitze (hilft nicht bei begrenzter Kraft);
• oder möglichst zusätzlichen Klingelknopf anbringen;
• Bad: Zusätzlich kleines Waschbecken tiefer anbringen, dazu stabiles Plastikgestell, Handtuchhalter, Spiegel, evtl. auch verstellbares Waschbecken (teure Installation);
• Toilette: Selbst eine Kindertoilette ist oft noch zu hoch, evtl. hilft ein Schemel davor;
• Treppensteigen: Zweites Treppengeländer tiefer anbringen – Befestigung eines Rundholzes mit Tauhalter;
• Treppenstufen: Wo immer möglich, ca. 15 – 16 cm Treppenstufenhöhe bei normaler Tiefe;
• Garderobe: gesonderte Garderobenhaken niedrig anbringen;
• Kleiderschrank: Kleiderstange niedriger setzen;
• Beleuchtung: Lichtschalter auf 80 cm Höhe versetzen, Zugschalter als Alternative; evtl. Fernsteuerung;
• Fenster: Wendefenster (“Kippfenster”), deren Griffe unten angebracht sind;
• Rollos/Jalousien: Schwere Holzausführung durch leichteren Kunststoff ersetzen, evtl. elektrischen Antrieb einbauen; Ausführung mit seitlich angebrachtem Kettenzug lässt sich in beliebiger Höhe bedienen;
• Möbel: alles, was das Kind erreichen soll, möglichst in unteren Schubladen, Schrank und Regalfächern unterbringen (damit es z.B. auch im Haushalt helfen kann);
• Geschirr: schmale Gläser und Becher, am besten mit Henkel;
• Besteck: kleine Ausführung;
• Schule: doppelter Satz von Schulbüchern – für die Schule/für zu Hause;
• Schemel als Fußstütze; oder besser ein Spezialstuhl – den muss die Schulbehörde stellen;
• Fahrrad: nach Bedarf Dreirad, Fahrrad mit Stützrädern oder Spezialfahrrad (evtl. auch für die Fahrt zur Schule);
• Kopfschutz: Beim Radfahren möglichst Sturzhelm, sonst ein mit Wolle gepolstertes Stirnband (bei Kindern, die besonders leicht fallen).

Viele dieser Hilfen kosten wenig Geld, einige werden auch von den Krankenkassen bezahlt, z.B. Spezialfahrrad oder Spezialstuhl. Bei all diesen wichtigen Überlegungen bleibt das Problem, dass man zwar zu Hause dem Kind Hilfestellungen geben kann, aber keinen Einfluss hat auf alle Einrichtungen (Stufen, Automaten, Drucktasten, Briefkästen, usw.), die “draußen” in der Öffentlichkeit für kleinwüchsige Kinder und Erwachsene unerreichbar hoch angebracht sind. Als Anregung wäre zu empfehlen: Alle Einrichtungen der Umwelt sollten von vornherein mehr auf Kinder bzw. Rollstuhlfahrer bezogen geplant und gebaut bzw. angebracht werden – dies hilft auch den Kleinwüchsigen. Eine grundsätzlich positive Einstellung zum Leben – auch mit einem kleinwüchsigen Kind – setzt Eltern in die Lage, die Dinge von sich aus zu lenken, statt sich von den Ereignissen überraschen und in die Enge treiben zu lassen.



Weitere Informationen in der Rubrik "Über Kleinwuchs"